Sternwarte Sonneberg als Teil des Zentralinstituts für Astrophysik

1969 - 1991

Nach der Akademiereform 1967 wurde die Sternwarte Sonneberg in das neugegründete Institut für Sternphysik eingegliedert. Dem Sonneberger Forschungsgebiet, die Erforschung der Veränderlichen Sterne, sollte künftig kaum noch Gewicht beigemessen werden. Die Sonneberger Astronomen sollten nach Potsdam umsiedeln und in die Potsdamer Arbeiten zur Erforschung von extragalaktischen Objekten einbezogen werden. Die Sternwarte sollte 1969 geschlossen werden.

Der wissenschaftliche Leiter der Sternwarte, Dr. Wolfgang Wenzel, konnte nach großem Kampf erreichen, dass die außerhalb von Sonneberg ausgebrüteten Schließungspläne überdacht und schließlich rückgängig gemacht wurden. Trotzdem wendete sich nicht plötzlich alles zum Guten, denn einen besonderen Denkzettel dachten sich die Potsdamer Vorgesetzten dennoch aus: Es wurde ein Beobachtungsverbot für die großen Instrumente der Sternwarte erlassen. Die Einhaltung dieses Verbots hätte zur Unterbrechung, wenn nicht gar zum Abbruch der mittlerweile längsten fotografischen Beobachtungsreihe der Welt geführt. Deshalb wurde es in Sonneberg ignoriert, was zwei Jahre später zur Rücknahme dieses Verbots führte.

Dass es damals nicht zur Schließung des Instituts kam, ist in erster Linie Wolfgang Wenzel zu verdanken. Durch eingehende Verhandlungen und Aktivitäten jenseits des offiziellen Dienstwegs erreichte er die Rücknahme der Schließungspläne.

1968 wurden alle Astronomen in der DDR zum Austritt aus ihrer für den gesamten deutschsprachigen Raum zuständigen Berufsvertretung, der Astronomischen Gesellschaft, gezwungen. Seit dem Bau der Berliner Mauer im Jahre 1961 waren offizielle Kontakte mit den Fachkollegen in der BRD kaum noch möglich.

Sternwarte
Sternwarte

Trotz aller Probleme und Bevormundungen gelang es den Sonnebergern, nicht nur astronomisch international am Ball zu bleiben sondern auch spezielle astrophysikalische Messtechnik zu entwickeln. Und das vor dem Hintergrund der allgemeinen chronischen Materialknappheit in der DDR.

Fotometer
Fotometer

In die 1960er bis 1980er fällt die intensive Entwicklungsarbeit auf dem Gebiet der lichtelektrischen Fotometrie. Mit dieser Messmethode werden Helligkeiten von astronomischen Objekten auf elektronischem Weg gemessen.

Unter der Leitung von Wolfgang Wenzel waren es vor allem Walter Fürtig, Wolfgang Heymann und Lothar Rose, die trotz schwieriger Materialsituation die für die lichtelektrische Fotometrie benötigten Messinstrumente weiterentwickelten und bauten. Ein weltweites Novum war Mitte der 1970er Jahre die Entwicklung eines auch im infraroten Licht empfindlichen Fotometers. Zur selben Zeit beschäftigte sich Walter Fürtig im Rahmen seiner Promotion mit dem Bau von lichtelektrischen Messinstrumenten. Hans Huth, Woldemar Götz, Wolfgang Heymann, Lothar Rose und Bernd Fuhrmann beschäftigten sich im Rahmen ihrer Ingenieurarbeiten mit ähnlichen Fragestellungen.

In Sonneberg wurde aber nicht nur Messtechnik entwickelt und gebaut, sondern auch konsequent genutzt. An keiner anderen Sternwarte existieren derart genaue Messreihen von veränderlichen Sternen, die über Zeiträume von 40 Jahren reichen.

Bis zur politischen Wende in der DDR wurden die Beobachtungsarbeiten kontinuierlich in vollem Umfang fortgeführt und wissenschaftliche Arbeiten in großer Zahl publiziert, die auf dem in Sonneberg gewonnenen Beobachtungsmaterial basierten. Die Sonneberger Wissenschaftler spezialisierten sich u. a. auf die Erforschung von jungen Veränderlichen und Eruptive Doppelsterne. Seit den 1950er Jahren nahm die Belegschaft kontinuierlich zu und zählte Anfang der 90er Jahre 36 Mitarbeiter.

Mit der politischen Wiedervereinigung Deutschlands am 3. Oktober 1990 hörte die Akademie der Wissenschaften der DDR, und damit auch der Träger der Sternwarte, auf zu existieren. Zunächst kam die Sternwarte in Obhut des Landes Brandenburg.

(Autor: Thomas Weber)

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